Stellungnahme des Stadtrates zum Postulat von Bea Will «Gender-, familien-, und rollstuhlgerechte öffentliche Toiletten», Sitzung des Grossen Stadtrates vom 21. Januar 2020
Mit dem Postulat wird der Stadtrat gebeten, alle öffentlichen Toiletten der Stadt gebührenfrei zu gestalten. Alle öffentlichen WC-Anlagen sollen in Zukunft über mindestens ein rollstuhlgängiges UNISEX-WC («all gender restroom») mit Wickeltisch verfügen und entsprechend gekennzeichnet sein.»
Der Stadtrat nimmt wie folgt Stellung:
1. Ausgangslage
Auf dem gesamten Stadtgebiet inklusive Hemmental sind 29 öffentliche Toilettenanlagen verteilt. Diese befinden sich vor allem in der Altstadt, aber auch in Schulanlagen, bei Kirchen und in Parkanlagen in den Quartieren stehen der Bevölkerung Toiletten zur Verfügung. Die Zuständigkeit der Anlagen liegt heute beim Hochbauamt der Stadt Schaffhausen und die Abteilung Facility Management kümmert sich um die Bewirtschaftung. Die Reinigung erfolgt je nach Anlage durch die entsprechenden Hauswartungen (bei acht Anlagen) oder die Kawo Services AG (bei 19 Anlagen). Die SBB ist gemäss einer Leistungsvereinbarung für die Anlagen im «Löwengässchen» und im «Landhaus» zuständig.
2. Situation bezüglich der geforderten Einrichtungen
19 der genannten Anlagen verfügen bereits heute über einen hindernisfreien Zugang. Diese sind auf einer von «Pro Infirmis» erstellten Übersichtskarte ersichtlich. So finden alle Menschen mit Beeinträchtigung schnell und einfach Zugang zu öffentlichen Toilettenanlagen in der Stadt Schaffhausen. Die bestehenden Anlagen wurden alle, soweit dies möglich war, bereits hindernisfrei umgebaut.
Wickeltische sind jedoch heute in keiner der Anlagen zu finden. Gemäss einer Prüfung der Anlagen hinsichtlich des benötigten Raumbedarfs für einen Wickeltisch könnte bei 20 Standorten ein Wickeltisch montiert werden. Die Initialkosten pro Wickeltisch belaufen sich auf rund 2´000 Franken. Es ist allerdings zu bedenken, dass Windeln eine extreme Geruchsemission im Abfalleimer verursachen.
Bereits zwölf der Anlagen sind heute sogenannte UNISEX Toiletten, welche somit unabhängig vom Geschlecht genutzt werden können. Wie in der Begründung des Postulats dargestellt, ist dies eine Erleichterung für Transmenschen, da sie keine Entscheidung treffen müssen, welchen Teil der Anlage sie betreten. Bei solchen UNISEX Toiletten sind die Unterhalts- und Instandsetzungskosten geringer, da nur eine Anlage unterhalten werden muss. Nachteilig bei solchen Toiletten ist die eingeschränkte Privatsphäre beider Geschlechter und bei bestehenden Bauten stehen die Pissoirs frei im Raum.
3. Kosten und Erträge
Bei 13 Standorten sind die Anlagen mit 50 Rappen pro Benutzung kostenpflichtig. Pissoirs sind immer kostenlos, da diese keine Kabinen haben, welche mit einem Kassenschloss versehen werden könnten. Gewisse Toiletten wurden gebührenpflichtig erstellt, da es auf den Anlagen zu «Toilettentourismus» gekommen ist, bei denen ganze Reisegruppen in Cars angehalten haben.
Die Kasseneinnahmen betragen durchschnittlich rund 10´000 Franken pro Jahr. Die Kassen müssen jedoch mindestens zweimal pro Woche geleert werden, um Diebstahl und damit verbundene Beschädigungen sowie überfüllte Kassen zu vermeiden. Das ist mit einem grossen Aufwand verbunden.
Dem gegenüber stehen Aufwendungen für die Reinigung, die mit 108‘000 Franken pro Jahr zu Buche schlagen. Der Unterhalt kostet die Stadt etwa 5´000 Franken pro Jahr, exklusive Instandhaltungsarbeiten des Werkhofes Hochbauamt. Für die Behebung von Schäden durch Vandalismus kommen Kosten von ca. 18´000 Franken dazu.
Aus Sicht des Stadtrats könnten die Toilettenanlagen auch kostenlos zur Benutzung zur Verfügung gestellt werden, da das Leeren der Kassen sowie der Unterhalt und die Reparaturen der Kassenanlagen ebenfalls hohe Kosten generieren. Die Kassen sind bei falscher Benutzung mit Fremdwährung häufig verklemmt und lassen sich nicht mehr öffnen. Ebenfalls hat nicht jede und jeder das passende Kleingeld dabei, was zu unschönen Situationen innerhalb der Anlagen führen kann. Da die Pissoirs kostenlos benutzt werden können, die Frauen jedoch fürs «kleine Geschäft» bezahlen müssen, ist der vollständige Verzicht auf Gebühren auch ein kleiner Beitrag zur Gleichstellung.
[Dazu eine Klammerbemerkung ausserhalb der offiziellen Stellungnahme des SR: Es wäre schön, wenn wir bezüglich Gleichstellung nur noch Probleme in dieser Grössenordnung hätten. Aber auch wenn das noch nicht der Fall ist, können auch kleine oder symbolische Schritte zum Ziel führen.]
4. Fazit
Der Stadtrat ist aufgrund der oben aufgeführten Situation bereit, das Postulat entgegen zu nehmen und die einzelnen gemäss Postulat zu prüfenden Punkte wie folgt zu bearbeiten: Bei den WC-Anlagen in der Verantwortung der Stadt Schaffhausen wird zukünftig auf die Gebührenerhebung verzichtet. Neu zu erstellende Toilettenanlagen werden, wenn immer möglich, hindernisfrei und geschlechterneutral konzipiert. Bei einzelnen Anlagen wird ein Wickeltisch eingebaut. Der Grosse Stadtrat wird im Rahmen des Berichts zu den hängigen Motionen und Postulaten über die umgesetzten Massnahmen informiert.