Stellungnahme des Stadtrates zum Postulat von Bea Will «Ausrufung des Klimanotstands», Sitzung des Grossen Stadtrates vom 3. September 2019
Das Postulat von Grossstadträtin Bea Will verlangt die Erklärung des Klimanotstandes und einen Bericht zu entsprechenden Massnahmen. Der Stadtrat nimmt wie folgt Stellung:
1. Einleitung
Wie der Stadtrat bereits in der Stellungnahme zum Postulat “Massnahmen für eine klimaangepasste Stadt” festgehalten hat, ist der Klimawandel eine der grössten Herausforderungen unseres Jahrhunderts. Wir kommen nicht umhin, zweigleisig zu fahren: Einerseits die deutliche Reduktion der Treibhausgas-Emissionen für einen wirkungsvollen Klimaschutz, anderseits die Realisierung von Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, um eine attraktive und lebenswerte Stadt zu erhalten.
Mit der Überweisung des Postulats für eine klimaangepasste Stadt hat der Grosse Stadtrat den Auftrag erteilt, einen Bericht zu den Anpassungsmassnahmen zu erarbeiten. Im Postulat, das wir heute diskutieren, geht es um den Klimaschutz, d.h. die Reduktion der Treibhausgasemissionen.
2. Ausgangslage weltweit und in Schaffhausen
Bereits vor Jahrzehnten erkannten Forscher die Bedrohung des Klimawandels bzw. der damit verbundenen Folgen für die Natur und die Menschen. Seit der ersten Klimakonferenz vor 40 Jahren wurden weitere Erkenntnisse zur Erderwärmung und den damit verbundenen Folgen gewonnen und mit der Klimakonvention 1992 wurden erstmalig internationale Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen vereinbart. Im Jahr 2015 haben sich 195 Staaten im Pariser Abkommen dazu verpflichtet, die weltweite Erwärmung auf maximal 1.5°C im globalen Mittel zu begrenzen. Dazu sollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 halbiert werden.
Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass das derzeitige Tempo und Ausmass der Klimaschutzmassnahmen nicht ausreichen, um erhebliche Schäden für Wirtschaft, Umwelt und die menschliche Gesundheit in den kommenden Jahrzehnten abzuwenden. Auch hier in Schaffhausen leiden wir bereits unter Folgen des Klimawandels, was sich beispielsweise letztes Jahr mit dem Fischsterben im Rhein zeigte. Bedenklich ist auch der Zustand unserer Wälder. Durch Stürme, Trockenheit und Käferbefall als Folge arbeiten die Forstdienste heute im Krisenmodus und auch die Holzmärkte sind aus dem Gleichgewicht geraten.
Für ausführlichere Erläuterungen zum Klimawandel und seinen Folgen verweise ich auf die Stellungnahme zum Postulat “Massnahmen für eine klimaangepasste Stadt”.
3. Massnahmen in der Stadt Schaffhausen
Der Stadtrat setzt sich nicht erst seit den aktuellen öffentlichen Diskussionen für den Klimaschutz ein. Als Energiestadt setzt Schaffhausen bereits seit vielen Jahren Massnahmen zur Reduktion und Substitution des Verbrauchs fossiler Energieträger um.
- Zum Beispiel im Gebäudebereich, der im schweizerischen Durchschnitt rund einen Viertel der CO2-Emissionen ausmacht: Ersatz von Ölheizungen, Förderung von Gebäudehüllensanierungen, Richtplan Energie zur räumlichen Koordination eines schrittweisen Umbaus der Wärmeversorgung, Sanierung der eigenen Gebäude nach dem Gebäudestandard der Energiestädte (gemäss Beschluss des GSR)
- Zum Beispiel im Verkehr, der für rund ein Drittel der Emissionen verantwortlich ist: Das Gesamtverkehrskonzept aus dem Jahr 2008 stellt die Grundlage für die Entwicklung dar, die einerseits eine gute Erreichbarkeit sicherstellt und andererseits die negativen
Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt minimiert; konkrete Massnahmen sind ein gut ausgebauter öffentlicher Verkehr, Elektrobusse (bisher Trolley, zukünftiger Ersatz Dieselbusse) und weitere Projekte, die im Rahmen der Agglomerationsprogramme realisiert werden.
Die aktuellen Entwicklungen zeigen allerdings, dass es auf allen staatlichen Ebenen zusätzliche wirkungsvolle Massnahmen braucht. Wir sind als Stadt darauf angewiesen, dass auch auf kantonaler, nationaler und internationaler Ebene Massnahmen ergriffen werden. Insbesondere müssen die wahren Kosten fossiler Energieträger in den Preisen abgebildet und heute immer noch bestehende Subventionen für Heiz- und Treibstoffe abgeschafft werden. Die Einführung entsprechender Instrumente mit Lenkungswirkung war auf nationaler Ebene bisher nur beschränkt möglich und wir sind auch als Stadt gefordert, ergänzende Massnahmen zu realisieren.
Das Postulat verlangt, dass dem Parlament Bericht erstattet wird über die Massnahmen, die zur Reduktion des Klimawandels oder dessen Folgen ergriffen werden.
Für diese Berichterstattung besteht bereits ein Auftrag des Grossen Stadtrats:
- Der Auftrag für einen Bericht zu den Anpassungsmassnahmen wurde mit der Überweisung des Postulats für eine klimaangepasste Stadt am 19. Februar dieses Jahres erteilt.
- Bereits bei der Behandlung der Vorlage zum Energie- und Klimaschutzkonzept hat der Grosse Stadtrat am 26. August 2014 den Auftrag erteilt, den Grossen Stadtrat im Rahmen der Ökobilanz über den Zwischenstand hinsichtlich Zielerreichung und Umsetzung von Massnahmen zu informieren.
Ein solcher Bericht liegt bisher leider nicht vor. Die Daten für die Ökobilanz werden zwar alle 4 Jahre erhoben, aber die personellen Ressourcen für die Dokumentation der Ergebnisse fehlten in den vergangenen Jahren. So stammt der letzte öffentliche Bericht zur Ökobilanz aus dem Jahr 2011. Auch im Rahmen des alle 4 Jahre stattfindenden Energiestadt-Reaudits werden Massnahmen festgelegt, die den Verbrauch fossiler Energieträger reduzieren. Die Rezertifizierung steht im kommenden Jahr an. Die im Rahmen der genannten Erhebungen und Prozesse gesammelten Informationen sowie daraus abgeleitete Massnahmen sollen zukünftig in einer Gesamtsicht zusammengeführt werden. Damit erhalten auch das Parlament und die Öffentlichkeit einen besseren Einblick dazu, wo die Stadt Schaffhausen bezüglich Klimaschutz und Klimaanpassung steht und welche Massnahmen ergriffen werden.
4. Klimanotstand
Der Begriff des “Klimanotstands” wurde von der globalen Klimaschutz-Bewegung geprägt, die damit auf die Dringlichkeit des Problems hinweist. Die Diskussionen in verschiedenen Parlamenten zeigen, dass der Begriff den Eindruck erwecken kann, dass damit ein Notstand im Sinne von ausserordentlichen Lagen verstanden werden kann, in denen die Regierung ausserordentliche Massnahmen ohne gesetzliche Grundlage ergreifen kann (vgl. Kantonsverfassung Art. 68).
Damit wir hier nicht eine Diskussion über den Begriff Notstand führen müssen, macht der Stadtrat beliebt, im Falle einer Überweisung den ersten Satz des Postulatstextes, der die Erklärung des Klimanotstandes verlangt, zu streichen. Der Stadtrat anerkennt aber die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folge als Aufgabe von höchster Priorität. Der Fokus soll auf konkreten Massnahmen liegen, die auf den bestehenden Grundlagen und Instrumenten aufbauen.
5. Fazit
Der Klimawandel ist Realität und die Bekämpfung der Klimaerwärmung ist eine dringende Aufgabe von global höchster Priorität. Auch in der Stadt Schaffhausen sind die Folgen bereits spür- und sichtbar. In Ergänzung zu nationalen und internationalen Anstrengungen, sind auch Massnahmen auf regionaler und lokaler Ebene notwendig. Der Stadtrat nimmt diese Verantwortung nicht erst seit heute wahr, als erste Energiestadt der Schweiz hat sich Schaffhausen bereits seit bald 30 Jahren zu einem sorgsamen Umgang mit den endlichen Ressourcen verpflichtet.
Der Stadtrat erkennt die Notwendigkeit, mit zusätzlichen Massnahmen Verantwortung für unser Klima und die zukünftigen Generationen zu übernehmen. Das ist nur in Zusammenarbeit mit anderen Städten, mit dem Kanton, der Wirtschaft und schliesslich mit dem Engagement der gesamten Bevölkerung möglich. Der Stadtrat will auch die Potenziale für eine effizientere Nutzung der Ressourcen nutzen, die sich bei der Entwicklung zur Smart City ergeben.
In diesem Sinn hat der Stadtrat Verständnis für die Forderungen des Postulats und der Jugendlichen, die sich für ihre Zukunft einsetzen. Wie bereits erwähnt, erachtet es der Stadtrat als sinnvoll, die Massnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung in einem Bericht zusammenzuführen. Da die entsprechenden Aufträge bereits bestehen, empfiehlt der Stadtrat, das Postulat in eine Interpellation umzuwandeln.