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Stadtratswahlen Schaffhausen 2016, Katrin Bernath, Grünliberale
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Mass­nah­men für eine kli­ma­an­ge­pass­te Stadt

Stel­lung­nah­me des Stadt­rates zum Pos­tu­lat von Urs Tan­ner «Mass­nah­men für eine kli­ma­an­ge­pass­te Stadt jetzt», Sit­zung des Gros­sen Stadt­ra­tes vom 19. Febru­ar 2019

 

1.    Ein­lei­tung

Der aus­ser­ge­wöhn­li­che Som­mer 2018 zeig­te, dass die län­ge­ren Hitze- und Tro­cken­pe­ri­oden für die Men­schen und die Natur pro­ble­ma­tisch sind. Zwar lässt die iso­lier­te Betrach­tung des aus­ser­ge­wöhn­li­chen Som­mers 2018 noch kei­ne Aus­sa­gen über die lang­fris­ti­ge meteo­ro­lo­gi­sche Ent­wick­lung zu. Auch zukünf­tig kön­nen küh­le­re und ver­reg­ne­te Som­mer oder Schnee­fäl­le im Win­ter auf­tre­ten. Doch Wet­ter ist nicht mit Kli­ma gleich­zu­set­zen. Wäh­rend sich das Wet­ter oft täg­lich oder sogar mehr­mals am Tag ändern kann, bedeu­tet Kli­ma die durch­schnitt­li­chen Ver­hält­nis­se von Wet­ter und Wit­te­rung über einen län­ge­ren Zeit­raum von meh­re­ren Jahr­zehn­ten an einem Ort. Heu­te spre­chen wir vom Kli­ma und des­sen Ver­än­de­run­gen sowie den damit ver­bun­de­nen Herausforderungen.

2.    Kli­ma­wan­del und sei­ne Folgen

Die Häu­fung der nie­der­schlags­ar­men und tro­cke­nen Som­mer sowie schnee­ar­men Win­ter wäh­rend der letz­ten 20 Jah­re las­sen auf­hor­chen und bele­gen, dass sich das Kli­ma gegen­über dem vor­in­dus­tri­el­len Zeit­al­ter stark ver­än­dert hat. Die Schweiz ist davon beson­ders betrof­fen, wie die im Novem­ber 2018 vor­ge­stell­ten Kli­ma­sze­na­ri­en CH2018 zei­gen, die den bis­her genaus­ten Blick in die Kli­ma­zu­kunft der Schweiz erlau­ben. Die von Meteo­Schweiz, der ETH Zürich und der Uni­ver­si­tät Bern ent­wi­ckel­ten Kli­ma­sze­na­ri­en basie­ren auf Beob­ach­tun­gen bis­he­ri­ger Trends und kom­ple­xen Klimamodellen.

Kur­ze Zusam­men­fas­sung zu den erwar­te­ten Ent­wick­lun­gen in der Schweiz

Wie wird das schwei­ze­ri­sche Kli­ma in 40 Jah­ren aus­se­hen und wel­che Fol­gen sind zu erwarten?

Im Som­mer dürf­te es gemäss den neus­ten Kli­ma­mo­del­len im Jah­res­mit­tel etwa 4,5 °C wär­mer sein als heu­te. Es wer­den ver­mehrt Hit­ze­wel­len auftreten.

Auf­grund der höhe­ren atmo­sphä­ri­schen Tem­pe­ra­tu­ren löst sich mehr Was­ser in den Luft­mas­sen. Als Fol­ge davon wer­den die Nie­der­schlä­ge hef­ti­ger aus­fal­len, Erd­rut­sche und Über­schwem­mun­gen wer­den zuneh­men, und die Anfor­de­run­gen an den Bevöl­ke­rungs­schutz stei­gen. Auch wird dies zu Pro­ble­men bei der Sied­lungs­ent­wäs­se­rung füh­ren, einer­seits ein Über­lauf aus den Kanä­len bei Stark­re­gen und ande­rer­seits Stö­run­gen des Abwas­ser­ab­flus­ses wegen gerin­ge­ren Was­ser­men­gen. Zudem füh­ren heis­se Luft­mas­sen zu einem Aus­trock­nen der Böden.

Im Som­mer­halb­jahr wer­den die Tem­pe­ra­tu­ren in den Innen­städ­ten und als Fol­ge davon auch der Strom­ver­brauch für die Küh­lung deut­lich anstei­gen. Für die schwei­ze­ri­schen Städ­te erwar­ten die Kli­ma­sze­na­ri­en ein Kli­ma, wie es heu­te Valen­cia in Spa­ni­en zeigt, mit Tem­pe­ra­tu­ren bis 40 °C im Som­mer. Unter die­sem Hitze- und Tro­cken­heits­stress lei­den die Men­schen und die Gesund­heit ins­be­son­de­re der älte­ren Gene­ra­ti­on lei­det. Aber auch Fau­na und Flo­ra lei­den, was sich schon heu­te bei­spiels­wei­se bei Rhein­was­ser­tem­pe­ra­tu­ren über 25 °C durch ein Äschen- und Forel­len­ster­ben zeigt. Sol­che Fisch­ar­ten dürf­ten unter den zukünf­ti­gen som­mer­li­chen Bedin­gun­gen im Schaff­hau­ser Rhein aussterben.

Schnee im Win­ter dürf­te in unsern tie­fen Lagen weit­ge­hend ver­schwin­den. Sogar in den Zen­tral­al­pen dürf­te es Mit­te des Jahr­hun­derts rund 30 Neu­schnee­ta­ge weni­ger geben. Die win­ter­li­che Null-Grad-Grenze lag im vor­in­dus­tri­el­len Zeit­al­ter auf 400 m Höhe über Meer, aktu­ell sind es rund 800 m und Mit­te des 21. Jahr­hun­derts dürf­te die Null-Gradgrenze auf etwa 1500 m ansteigen.

Fol­gen für die Stadt Schaffhausen

Die Stadt Schaff­hau­sen ist wie sämt­li­che schwei­ze­ri­schen Städ­te vom Kli­ma­wan­del stark betrof­fen. Auf­grund der Über­bau­ungs­dich­te sowie der ver­sie­gel­ten Plät­ze und Stras­sen ist die Wär­me­spei­che­rung in einer Stadt höher als im Umland; des­halb wird auch von einer städ­ti­schen Wär­me­insel gesprochen.

Schon heu­te wer­den ein­zel­ne Orte und Innen­räu­me im städ­ti­schen Bereich uner­träg­lich heiss, und der Ruf nach Beschat­tung, Bewäs­se­rung bzw. Kli­ma­ti­sie­rung (und damit die Nach­fra­ge nach Kühl­ener­gie) steigt. Dies hat auch Fol­gen für das städ­ti­sche Erschei­nungs­bild, wenn Beschat­tun­gen im öffent­li­chen Raum und an bzw. auf Gebäu­den Rück­küh­ler instal­liert würden.

Die erhöh­te Was­ser­nach­fra­ge hat Kon­se­quen­zen auf das Grund­was­ser, wes­halb auch Mass­nah­men zur Sen­kung des Was­ser­ver­brau­ches ver­mehrt erwo­gen wer­den müs­sen. Der Hit­zestress setzt ins­be­son­de­re der älte­re Gene­ra­ti­on sowie geschwäch­ten Leu­ten zu. Hohe Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren in Tüm­pel, Bächen und dem Rhein gefähr­den die Was­ser­fau­na. Auch die Strom­pro­duk­ti­on in unse­rem Kraft­werk ist von nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen betrof­fen: Der im Som­mer deut­lich gerin­ge­re Abfluss kann durch die höhe­ren Abflüs­se im Win­ter­halb­jahr bei wei­tem nicht kom­pen­siert wer­den und die jähr­li­che Strom­pro­duk­ti­on wird sinken.

3.    Mass­nah­men zur Anpas­sung an den Klimawandel

Der Kli­ma­wan­del ist eines der zen­trals­ten und drän­gends­ten The­men unse­rer Zeit für die Umwelt und die Mensch­heit. So nennt auch der aktu­el­le “Glo­bal Risk Report” des Welt­wirt­schafts­fo­rums WEF extre­me Wet­ter­ereig­nis­se sowie das Schei­tern in Bezug auf die Bekämp­fung des Kli­ma­wan­dels und die Anpas­sung an den Kli­ma­wan­del als gröss­te glo­ba­le Herausforderungen.

Damit die Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels mög­lichst gering gehal­ten wer­den kön­nen, braucht es einer­seits Mass­nah­men für einen wir­kungs­vol­len Kli­ma­schutz und ander­seits Mass­nah­men zur Anpas­sung an den Kli­ma­wan­del. Letz­te­re sind das heu­ti­ge The­ma, des­halb gehe ich hier nicht wei­ter auf den Kli­ma­schutz ein.

Die kli­ma­ti­schen Ver­än­de­run­gen in der Schweiz sind aus topo­gra­phi­schen Grün­den im Ver­gleich zum welt­wei­ten Mit­tel über­durch­schnitt­lich. Der Bun­des­rat hat 2012 in der Stra­te­gie „Anpas­sung an den Kli­ma­wan­del“ dar­ge­legt, was die zen­tra­len Her­aus­for­de­run­gen und Hand­lungs­fel­der sind. Im Akti­ons­plan 2014 - 2019 wird auf­ge­zeigt, wie die Schweiz die­se Her­aus­for­de­run­gen bewäl­ti­gen will. Die meis­ten Kan­to­ne – dar­un­ter auch der Kan­ton Schaff­hau­sen – haben eige­ne Berich­te zur Kli­ma­an­pas­sung erstellt.

Die Kli­ma­ad­ap­ti­ons­mass­nah­men betref­fen vie­le Berei­che, wie der kan­to­na­le Kli­ma­ad­ap­ti­ons­be­richt 2011 auf­zeigt. So ist die mensch­li­che Gesund­heit eben­so betrof­fen wie die Land­wirt­schaft, die Baum­zu­sam­men­set­zung im Wald, die Bio­di­ver­si­tät und die Sta­bi­li­tät der Öko­sys­te­me, die Strom­pro­duk­ti­on durch Was­ser­kraft, der Tou­ris­mus, die Trink­was­ser­ver­sor­gung oder der Bevöl­ke­rungs­schutz. Auch die Aus­wir­kun­gen von glo­ba­len Bevöl­ke­rungs­wan­de­run­gen als Fol­ge der Kli­ma­än­de­rung kön­nen die loka­le Ebe­ne betreffen.

Ins­ge­samt dürf­ten die Kli­ma­an­pas­sungs­mass­nah­men deut­lich höhe­re Kos­ten ver­ur­sa­chen als die Ver­mei­dung der Treib­haus­gas­emis­sio­nen, wie der Regie­rungs­rat in sei­ner Ant­wort auf die Klei­ne Anfra­ge 2014/8 betref­fend Kli­ma­wan­del fest­hielt. Die Anpas­sungs­mass­nah­men wer­den uns in den nächs­ten Jahr­zehn­ten stark for­dern, und die Schadens- und Anpas­sungs­kos­ten wer­den mit der fort­schrei­ten­den Kli­ma­än­de­rung erheb­lich ansteigen.

Kli­ma­an­pas­sung in Städten

Die­se Grund­la­gen und Erfah­run­gen ande­rer Städ­te zei­gen, dass die fol­gen­den Hand­lungs­fel­der und Mass­nah­men für Städ­te beson­ders rele­vant sind:

  • Grün­flä­chen im Sied­lungs­raum: kli­ma­ge­rech­te Gestal­tung von Grün­flä­chen, Ent­sie­ge­lung, Reduk­ti­on der Ver­schot­te­rung, Stadt­bäu­me, Anpas­sung der Bewirt­schaf­tung etc.
  • Stadt­ent­wick­lung, Städ­te­bau: Frisch­luft­zir­ku­la­ti­on, Begrü­nung von Dächern und Fas­sa­den, kli­ma­an­ge­pass­te Gebäu­de etc.
  • Energie- und Was­ser­ver­sor­gung: Küh­lung, Wassersparmassnahmen
  • Sied­lungs­ent­wäs­se­rung: Umgang mit Stark­re­gen, Bewäs­se­rung von Grün­flä­chen mit Regen­was­ser etc.
  • Gesund­heit: Akti­ve und pas­si­ve Küh­lung in Alters­hei­men, Schul­häu­sern etc., sai­so­na­le Anpas­sung von Arbeits­zeit­mo­del­len etc.
  • Kom­mu­ni­ka­ti­on: Infor­ma­ti­on und Sen­si­bi­li­sie­rung der Bevöl­ke­rung z.B. zur Bedeu­tung von Grün­flä­chen für das Stadt­kli­ma, zum Ver­hal­ten bei Hit­ze­wel­len etc.

Die­se Zusam­men­stel­lung zeigt auf, dass Mass­nah­men zur Kli­ma­an­pas­sung in fast allen Berei­chen der städ­ti­schen Ver­wal­tung zu berück­sich­ti­gen sind.

Situa­ti­on in der Stadt Schaffhausen

Die bis­he­ri­gen städ­ti­schen Mass­nah­men bezie­hen sich vor allem auf den Kli­ma­schutz gemäss dem 2014 vom Gros­sen Stadt­rat ver­ab­schie­de­ten Klimaschutz- und Ener­gie­kon­zept sowie auf die Umset­zung der Ener­gie­stadt­zie­le. Mass­nah­men zur Reduk­ti­on der Hit­ze­be­las­tung wer­den in ein­zel­nen Pro­jek­ten berück­sich­tigt. Eine Gesamt­schau zur Kli­ma­ad­ap­ti­on bzw. zu stadt­spe­zi­fi­schen Grund­la­gen und Mass­nah­men fehlt aber bis­her. Bereits beschlos­se­ne und umzu­set­zen­de Mass­nah­men sind nicht in einer Gesamt­stra­te­gie zusammengefasst.

Als nächs­ter Schritt soll des­halb, ana­log zu andern Städ­ten, ein zum Kli­ma­schutz­kon­zept ergän­zen­des Adap­ti­ons­kon­zept erstellt wer­den, wel­ches die unter­schied­li­chen Stand­ort­fak­to­ren und Hand­lungs­fel­der berück­sich­tigt und auch den Umgang mit Ziel­kon­flik­ten the­ma­ti­siert (z.B. Trink­was­ser­schutz ver­sus Bewäs­se­rung von Zier­ra­sen­flä­chen oder Acker­kul­tu­ren, sola­re Ener­gie­ge­win­nung ver­sus Beschat­tung, Erho­lung ver­sus Natur­schutz). Ziel muss sein, dass Schaff­hau­sen eine attrak­ti­ve Wohn-, Arbeits- und Tou­ris­mus­stadt bleibt, auch in einem geän­der­ten heis­se­ren Klima.

Von beson­de­rer Bedeu­tung für das Stadt­kli­ma ist die Durch­lüf­tung der Stadt, die auch bei der zukünf­ti­gen inner­städ­ti­schen Ver­dich­tung wei­ter­hin gewähr­leis­tet sein muss. Die zukünf­ti­ge Gestal­tung öffent­li­cher Räu­me soll ver­mehrt Kli­ma­an­pas­sungs­mass­nah­men wie bei­spiels­wei­se die Beschat­tung von Frei­räu­men und Wegen ein­be­zie­hen. Wich­ti­ge Mass­nah­men für die Stadt­be­grü­nung erge­ben sich bereits aus dem Frei­raum­kon­zept und den dar­in fest­ge­hal­te­nen Grund­sät­zen bezüg­lich Grün­flä­chen­ma­nage­ment und Natur­schutz. Mass­nah­men für eine kli­ma­an­ge­pass­te Stadt­ent­wick­lung sind auch bei der Über­ar­bei­tung der Bau­ord­nung und des Zonen­plans zu berücksichtigen.

4.    Fazit

Der Kli­ma­wan­del ist eine der gröss­ten Her­aus­for­de­run­gen unse­res Jahr­hun­derts. Wir kom­men nicht umhin, zwei­glei­sig zu fah­ren: Einer­seits die deut­li­che Reduk­ti­on der Treibhausgas-Emissionen für einen wir­kungs­vol­len Kli­ma­schutz, ander­seits die Rea­li­sie­rung von Mass­nah­men zur Anpas­sung an den Kli­ma­wan­del, um eine attrak­ti­ve und lebens­wer­te Stadt zu erhal­ten. Je frü­her Anpas­sun­gen umge­setzt wer­den, des­to kos­ten­güns­ti­ger die Mass­nah­men. Teil­wei­se lieb gewon­ne­ne Ver­hal­tens­wei­sen sind zu hin­ter­fra­gen, um die anste­hen­den Her­aus­for­de­run­gen des Kli­ma­wan­dels kon­struk­tiv ange­hen zu können.

Die Kon­se­quen­zen betref­fen fast sämt­li­che Berei­che der öffent­li­chen Ver­wal­tung. Ange­sichts der mit dem Kli­ma­wan­del ver­bun­de­nen Her­aus­for­de­run­gen ist der Stadt­rat bereit, das Pos­tu­lat ent­ge­gen­zu­neh­men und einen Bericht zu den Anpas­sungs­mass­nah­men zu erarbeiten.