Stellungnahme des Stadtrates zum Postulat von Urs Tanner «Moratorium für Erstellen von 5G-Antennen in der Stadt Schaffhausen bis Mitte 2019», Sitzung des Grossen Stadtrates vom 18. Juni 2019
Mit seinem Postulat verlangt Grosstadtrat Urs Tanner ein Moratorium für das Erstellen von 5G-Antennen in der Stadt Schaffhausen bis Mitte 2019. Er verweist auf gleichlautende Vorstösse in den Kantonen Genf, Waadt und Wallis, die ebenfalls ein Moratorium verlangen sowie auf einen Appell der Ärzte für Umweltschutz und einen Bericht, der eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Bundesamtes für Umwelt bis Mitte 2019 erarbeitet. Über die Einführung eines neuen Mobilfunkstandards finden aktuell intensive Diskussionen statt. Dabei geht es um technische, gesundheitliche und rechtliche Aspekte, auf die ich in der Stellungnahme eingehen werde.
Die 5G Technologie
Mit “5G” wird ein neuer Mobilfunkstandard bezeichnet, die sogenannte 5. Generation. Wieso wollen die Betreiber die 5G-Technologie vorantreiben? 5G bietet etliche Vorteile, insbesondere bezüglich Reaktionszeit und hinsichtlich Datenübertragungsraten. Der Hauptgrund für einen Wechsel auf 5G ist die steigende Zahl der Endgeräte und Anwendungen und somit eine Folge der Kundennachfrage. Auch die Industrie hat mit 5G viel vor. Besonders die Vernetzung aller möglichen „smarten“ Geräte und Sensoren stehen im Fokus und es werden immer mehr Endgeräte miteinander vernetzt sein.
Die wesentliche Neuerung von 5G ist, dass neue Frequenzbereiche genutzt werden. Die von den Mobilfunkanbietern ersteigerten Frequenzbereiche liegen bei 700 MHz, 1400 MHz und 3500 MHz. Diese Frequenzen wurden bereits für den Mobilfunk, für WLAN und die TV-Übertragung verwendet und es gelten die gleichen Grenzwerte wie bisher. Die hochfrequenten Mikrowellen, deren Auswirkungen auf den menschlichen Körper noch wenig erforscht sind, kommen nicht zum Einsatz und liegen über den in der Schweiz erlaubten Frequenzen. Den Schweizer Mobilfunkbetreibern stehen maximal 3800 MHz zur Verfügung, die vom Postulenten zitierte Kritik der Ärzte für Umweltschutz bezieht sich auf den Bereich von 6000 MHz bis 100’000 MHz.
Eine weitere Änderung betrifft den Einsatz von adaptiven Antennen. Diese richten den Strahl direkt auf einzelne Nutzer aus. Die Belastung der Gesamtbevölkerung würde damit geringer, wenn die Datenmenge konstant bleiben würde. Dem steht jedoch die steigende Datenmenge gegenüber. So gehen Fachleute davon aus, dass sich dank adaptiven Antennen die Strahlenbelastung in der Schweiz insgesamt trotz steigender Datenmenge nicht wesentlich verändern wird.
Schutz der Gesundheit
Die gesundheitlichen Auswirkungen, insbesondere die Langzeitauswirkungen der nichtionisierenden Strahlung, können nicht vollständig im Voraus abgeklärt werden. Sonst hätte man weder Radio- oder Fernsehsender oder Radaranlagen einführen können. Deshalb kennt das schweizerische Umweltschutzgesetz auch die Vorgabe, wonach die Emissionen so weit zu begrenzen sind, „dass nachgewiesene Risiken für die Gesundheit ausgeschlossen werden können“. Dies wird mit einem Sicherheitsfaktor gewährleistet und gilt auch für 5G. Entscheidend für den Schutz der Bevölkerung gemäss den geltenden gesetzlichen Vorgaben sind somit die Grenzwerte und eine konsequente Kontrolle deren Einhaltung.
Grenzwerte
Die vom Bund festgelegten Strahlungsgrenzwerte sind im internationalen Vergleich streng. Seitens der Betreiber werden sie zunehmend als enges Korsett empfunden. Grundlage für diese Grenzwerte ist das Vorsorgeprinzip des Umweltschutzgesetzes, wonach Emissionen so weit zu begrenzen sind, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist.
Zuständigkeiten
Der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor nichtionisierender Strahlung wird im Bundesrecht abschliessend geregelt. Der Vollzug obliegt im Kanton Schaffhausen den kantonalen und kommunalen Behörden; für Baubewilligungen von Anlagen innerhalb von Bauzonen sind die Gemeinden zuständig, für Baubewilligungen ausserhalb der Kanton. Das heisst, dass weder die Kantone noch die Gemeinden aufgrund von gesundheitlichen Bedenken eine Baubewilligung verweigern oder ein Moratorium veranlassen können, wenn die Grenzwerte eingehalten sind.
Die Anwendung dieser Vorschriften ist nicht von der Mobilfunktechnologie abhängig. Mit andern Worten: Sie ist technologieneutral und gilt auch für 5G-Netze. Die zurzeit laufende Einführung von 5G erfolgt in Frequenzbereichen, wie sie bereits jetzt für den Mobilfunk und für WLAN verwendet werden. Zur Veranschaulichung: Es ist egal, ob die Elektromagnetfelder und somit die Immissionen von einem 5G-Netz oder einem der vorherigen Generationen stammen. Ein Moratorium für eine der eingesetzten Technologien ist daher nicht angezeigt. Vielmehr ist die rechtliche Situation so, dass die drei Mobilfunkbetreiber das Recht und die Pflicht haben, die zugesprochenen Frequenzen für den Betrieb ihrer Netze einzusetzen. Dabei sind sie in der Wahl der Technologie frei, das heisst, sie können die Frequenzen für 5G oder auch eine andere Technologie einsetzen.
Kontrolle
Der Stadtökologe kontrolliert die im Standortdatenblatt festgehaltenen Angaben im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens für neue Anlagen oder bei wesentlichen Änderungen an bestehenden Anlagen. Werden 80 % des Anlagengrenzwertes an einem OMEN (Orte mit empfindlicher Nutzung) erreicht, verlangt die Stadt eine Nachmessung durch eine spezialisierte, unabhängige Messfirma. Zudem werden sämtliche Antennen durch eine von den Antennenbetreibern unabhängige Kontrollfirma laufend auf ihre Leistung und weitere Faktoren überprüft; Abweichungen von der bewilligten Leistung sind in Überschreitungslisten zusammengestellt und werden durch den Stadtökologen kontrolliert. Sollte eine Abweichung gemeldet werden, verlangt der Stadtökologe vom Antennenbetreiber Auskunft über die Ursachen für die Abweichung, wie diese behoben wurden und mit welcher Reaktionszeit. Zudem wird auch nachgefragt, welche Massnahmen getroffen wurden, damit der Fall nicht wieder eintritt.
Bericht im Auftrag des UVEK
Der Postulent hat auf einen vom UVEK in Auftrag gegeben Bericht hingewiesen. Hier ist festzuhalten, dass die damalige UVEK-Vorsteherin am 20. September 2018 eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, mit dem Auftrag, die Bedürfnisse und Risiken des zukünftigen Mobilfunks zu analysieren, insbesondere auch beim Aufbau von 5G. Der Bericht soll das weitere Vorgehen bei der näheren und weiteren Zukunft des Mobilfunks unter Berücksichtigung der Nutz- und Schutzinteressen analysieren. Hingegen ist es nicht Aufgabe der Arbeitsgruppe, eine Studie über die gesundheitlichen Auswirkungen von 5G zu erstellen, Entscheide zu fällen oder über die Einführung von 5G in der Schweiz zu befinden. Ein Abwarten des Berichts macht somit keinen Sinn.
Fazit
Zusammenfassend hält der Stadtrat fest: Die neuen Frequenzen wurden vom Bund versteigert und die Betreiber haben ein Anrecht auf eine Baubewilligung, sofern die Vorgaben gemäss Verordnung über die nichtionisierende Strahlung eingehalten sind. Die Beurteilung der gesundheitlichen Vorgaben liegt nicht im Kompetenzbereich eines Kantons oder einer Gemeinde; diese liegt klarerweise beim Bund. Hingegen ist es die Aufgabe der zuständigen Fachstellen zu beurteilen, ob die Vorgaben gemäss Verordnung über die nichtionisierende Strahlung eingehalten sind. Diese Vorgaben sind technologieunabhängig und wie erläutert, wird deren Einhaltung sorgfältig kontrolliert. Es liegt deshalb nicht in der Kompetenz der Stadt, ein Moratorium aufgrund von gesundheitlichen Fragestellungen zu verhängen und wir bitten Sie, das Postulat nicht zu überweisen.